Philosophie

Was ist Wahrheit?

Ron Kubsch · 
01.01.2009

Ein Versuch über die Pilatusfrage

Was ist Wahrheit? Dieser so viel zitierte Satz geht zurück auf die dramatische Verhandlung über die Schuld des Nazareners Jesus beim Amtssitz des römischen Stadthalters Pontius Pilatus in Jerusalem. Die Vertreter der jüdischen Behörden bezichtigen Jesus eines Verbrechens, das nur mit dem Tod gesühnt werden kann. Da ihnen selbst das Recht verwehrt war, die Todesstrafe zu vollstrecken, hofften sie, bei Pilatus Gehör zu finden und über ihn eine Hinrichtung zu erwirken. Doch Pilatus gab dem Drängen der Juden zunächst nicht nach. Er wollte sich ein eigenes Urteil bilden und empfing Jesus im Prätorium.

Der Stadthalter fragte Jesus: „Bist du der König der Juden?“ Im Unterschied zu der messianischen Bezeichnung „König Israels“ (vgl. Joh 12,13.15) ist der Titel „König der Juden“ ein politischer Begriff. Es war für Pilatus vorstellbar, dass Jesus einen politischen Herrschaftsanspruch stellte und die Macht des Imperiums Romanum in Palästina hinterfragte. Doch Jesus stellte unmissverständlich klar, dass er keine militärischen oder politischen Ambitionen hatte. Sein Königreich ist nicht von dieser Welt. Deshalb antwortete Jesus dem Pilatus wie folgt: „Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der hört meine Stimme“ (Joh 18,37). Worauf Pilatus fragte?: „Was ist Wahrheit?“ (griech. τι εστιυ αόλμθεια, Joh 18,38).

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Wahrheit. Wahrheit ist einerseits ein alltäglicher Begriff, mit dem wir alle vertraut sind und ohne bestimmte Wahrheitskonzepte wäre ein geordnetes gesellschaftliches Leben mit Schulen, Behörden, Familien oder Gerichten überhaupt nicht denkbar. Wenn wir einen Satz denken oder aussprechen, der nicht der Wahrheit entspricht, spüren wir instinktiv – vorausgesetzt, dass wir uns nicht täuschen –, dass etwas nicht stimmt und wir uns möglicherweise an der Wahrheit vorbeimogeln. Die meisten Menschen haben ein ganz gutes Gespür dafür, was Wahrheit ist.

Andererseits ist „Wahrheit“ umstrittener als jeder andere Begriff. Ohne große Anstrengungen wäre es möglich, mehr als 10 Wahrheitstheorien aufzulisten, die in den Geisteswissenschaften oder der Wissenschaftstheorie miteinander konkurrieren.[1] Hinzu kommt die Tatsache, dass die Wahrheit eine lange und nicht immer ruhmreiche Geschichte hat. Im Namen der Wahrheit wurden bedeutende Bücher verfasst und Menschen befreit. Doch im Namen der Wahrheit wurden ebenfalls furchtbarste Verbrechen verübt, Fehlurteile gefällt und tragische Kriege angezettelt.
Der Wahrheitsbegriff ist also zwiespältig und komplex. Sollte Sie darauf hoffen, dass ich Ihnen eine philosophisch stabile Wahrheitserörterung anbiete, muss ich Sie leider enttäuschen. Allerdings dürfen Sie von mir auch keinen unterhaltsam lockeren Vortrag erwarten. Ich werde das Thema in einer allgemeinverständlichen Art und Weise abzuhandeln versuchen und dabei trotzdem – wie Sie gleich bemerken werden – ein hohes Maß an Konzentration abverlangen.

Zu meinem Vorgehen: Ich möchte zunächst drei unterschiedliche Typen von Wahrheit vorstellen, mit denen wir im Alltag operieren. Anschließend werde ich auf überaus knappe Weise zeigen, dass sich das Wahrheitsverständnis in den letzten Jahrzehnten auf tiefgreifende Weise gewandelt hat. Schließlich werde ich zum Schluss die Pilatusfrage erneut aufgreifen und zu zeigen versuchen, was es bedeutet, auf die Wahrheit zu hören und in ihr zu leben. (Präsentation & Skript.)

I. Drei Mal „Wahrheit“ 

Damit meine folgende Argumentation transparent und nachvollziehbar ist, stelle ich gleich zu Beginn drei Wahrheitstypen vor, mit denen wir im Alltag operieren und zwischen denen zu unterscheiden hilfreich und wichtig ist.[2]

(1) Gemäß einer alten und bewährten Wahrheitsdefinition bezieht sich der Ausdruck „Wahrheit“ auf sogenannte Aussagesätze. Wahrheit bezeichnet die Übereinstimmung einer sprachlichen (propositionalen) Aussage mit einem gegebenen Sachverhalt. Eine Aussage (Meinung, Hypothese, Theorie etc.) ist genau dann wahr, wenn sie einem bezeichnetem Sachverhalt entspricht.[3] „Sachverhalt“ soll bedeuten, dass ein Tatbestand nicht nur als subjektive Einbildung eines Menschen, sondern als unabhängig von dessen Vorstellung existiert.

In diesem Sinne halten wir die Aussage „die Erde kreist um die Sonne“ für wahr, weil für diese Behauptung intersubjektiv zugängliche und prüfbare Gründe vorliegen. Der Sachverhalt ist gegeben, unabhängig davon, was Menschen darüber gedacht haben oder denken. Kopernikus und Galilei gelang es, durch Beobachtungen, Messungen und Berechnungen ein heliozentrisches Modell vom Sonnensystem zu entwickeln, dass sich gegenüber dem damals verbreiteten geozentrischen Modell mühsam gegen viele Widerstände durchsetzte.[4]

Wahrheit als Übereinstimmung von Sein und Denken, oft auch als Korrespondenztheorie bezeichnet, hat sich im Rahmen der aristotelisch-scholastischen Denktradition herausgebildet. Einige Formulierungen sind:

  • Aristoteles: „Die Sätze sind entsprechend wahr, wie es die Dinge sind (Aristoteles, De Int. 9,19 a 33).[5]
  • Thomas von Aquin: „Veritas est adaequatio intellectus et rei.“ [„Wahrheit ist die Angleichung des Verstandes an die Realität/das Ding.“] (Aquin, De Veritate, q. 1, a. 1).[6]
  • Immanuel Kant: Wahrheit ist „Übereinstimmung der Erkenntnis mit ihrem Gegenstande“ (Kant, Kritik der reinen Vernunft, B 82).[7]
    Wir können diesen Typ als objektive Aussagewahrheit bezeichnen. Ein objektiver Sachverhalt wird ohne bewusste Berücksichtigung persönlicher Vorlieben und Interessen sprachlich „abgebildet“. Der Sachverhalt besteht demnach losgelöst von meinen Präferenzen und ist auch für andere Menschen potentiell zugänglich und überprüfbar.

(2) Mit der Wahrheit von Aussagen kann aber auch etwas anderes gemeint sein. Eine Aussage ist genau dann wahr, wenn sie der Überzeugung desjenigen entspricht, der diese Aussage macht. Wenn ein Aussagender sagt, was er für richtig hält, sagt er die Wahrheit. Sagt er wissentlich etwas anderes als das oder gar das Gegenteil von dem, was er in einer bestimmten Sprechsituation für wahr hält, täuscht oder lügt er.[8]

Wahrheit als Übereinstimmung von dem, was ein Mensch sagt mit seinen Überzeugungen bezeichnen wir auch als „Wahrhaftigkeit“ oder „Aufrichtigkeit“. Ich nenne diese Form der Wahrheit im Folgenden subjektive Aussagewahrheit.

(3) Haben wir bisher über objektive und subjektive Aussagewahrheiten nachgedacht, müssen wir nun noch eine dritte Gruppe von Wahrheitsaussagen untersuchen.
Das Prädikat „wahr“ wird nicht nur für Aussagen über Sachverhalte verwendet, sondern auch für das Sein von „Sachen“ selbst. Wir sprechen beispielsweise von „wahrer Liebe“ oder von „wahrer Gerechtigkeit“ und meinen damit die Entsprechung einer „Größe“ mit dem, was sie gemäß ihrer Bestimmung sein soll. Liebe ist demzufolge dann „wahr“, wenn sie uneigennützig das Wohl des anderen sucht. Geld ist echtes Geld, wenn es das ist, was es vorgibt zu sein. Falschgeld entspricht im Gegensatz dazu nicht dem vorgetäuschten Wert.

Besonders interessant für uns ist dieser Wahrheitstyp im Blick auf das Selbstverständnis des Menschen. Es geht dabei um die Frage: Lebt der Mensch die Eigentlichkeit seines Daseins und damit in der Wahrheit seiner Existenz? Diese Wahrheit liegt nicht in den Aussagen über Sachverhalte oder in der Kongruenz von innerem Denken und äußerem Sprechen oder Handeln, sondern in einem sich selbst Verstehen in der Wahrheit des Daseins. Dieses Wahrheitskonzept können wir „existentiale Wahrheit“ oder „Existenzwahrheit“ nennen. Wahrheit ist hier zu verstehen als die Erfahrung der Eigentlichkeit der Existenz.

Ich fasse kurz die drei Wahrheitskonzepte zusammen: Eine Aussage ist objektiv wahr, wenn ihr Inhalt mit einem bezeichneten Sachverhalt übereinstimmt (Richtigkeit). Subjektiv wahr ist eine Aussage dann, wenn das, was ein Aussagender kundtut, mit seinen inneren Überzeugungen übereinstimmt (Wahrhaftigkeit). Von existentieller Wahrheit sprechen wir, wenn ein Mensch sich selbst gemäß seiner Daseinsbestimmung versteht (Eigentlichkeit).

II. Die Auflösung der Metaphysik und ihre Folgen 

Damit kommen wir zum zweiten Teil meines Vortrages, in dem es um eine nicht ganz einfach zu verstehende Verschiebung des Wahrheitskonzeptes geht.
Objektive Aussagewahrheit war – von Ausnahmen abgesehen – die ideale Wahrheitsauffassung der Menschen von der Antike an bis in die Neuzeit hinein. Menschen verstanden Wahrheit als Angleichung des Verstandes an das Sein. Dieses Wahrheitsverständnis konnte sich bewähren, weil es von metaphysischen Grundüberzeugungen getragen wurde.

Metaphysik ist ein schwieriges Wort und so muss ich es kurz erklären. Die Metaphysik fragt nach dem, was über die Natur hinaus reicht.[9] Sie geht den ersten oder letzten Fragen nach (je nachdem, von welcher Seite man es betrachtet), wie etwa: Warum existiert das Universum? Gibt es einen Gott und welche Eigenschaften besitzt er? Gibt es einen „wirklichen“ Unterschied zwischen Geist und Materie? Besitzt der Mensch eine Seele?

Der Metaphysiker Emerich Coreth sagt: Metaphysik ist eine „Grundwissenschaft, weil sie das Wissen um Seiendes als solches aufdeckt und auslegt, ein Grundwissen, das allem Einzelwissen, auch allen Einzelwissenschaften als Bedingung vorausliegt und darin eingeht“[10]. Da Metaphysik also das Seiende zu verstehen sucht, wird sie manchmal auch Ontologie genannt.

Im Abendland sicherte die christliche Metaphysik das traditionelle Wahrheitsverständnis ab. Gott als Schöpfer dieser Welt ist die Wahrheit (ontologische Wahrheit) und sorgt dafür, dass wir Menschen die Wahrheit erkennen können (epistemologische Wahrheit). Diese Metaphysik korrespondiert in gewisser Weise mit der jüdisch-christlichen Schöpfungslehre. Der Psalmist schreibt in Ps 111,2: „Groß sind die Werke des Herrn; wer sie erforscht, der hat Freude daran“. Wir können vereinfacht behaupten, dass die Menschen im Abendland mit dieser Denkvorraussetzung gelebt haben. Da Gott die Welt und uns Menschen erschaffen hat, können wir diese Welt überlebensadäquat verstehen und in ihr leben. Damit wir auch den Heilsplan für die gefallene Schöpfung sowie Gottes Weisheit und seinen Willen kennenlernen, hat Gott uns darüber hinaus die Heilige Schrift offenbart.

Insbesondere seit dem 17. Jahrhundert etablierten sich Weltbilder, die Wahrheit möglichst ohne Rückgriff auf göttliche Offenbarungen zu entdecken und in Systemen festzuhalten versuchten. Das traditionelle Wahrheitsverständnis konnte dabei jedoch durch den Rückgriff auf andere metaphysische Konzepte, besonders den Idealismus (z. B. Descartes, Kant, Hegel) oder den Naturalismus (z. B. Hobbes, Feuerbach, Marx), aufrecht erhalten werden.

In den letzten einhunderfünfzig Jahren kam es nochmals zu einer schwerwiegenden Verschiebung. Diese Entwicklungen stehen in der Verbindung mit solchen großen Denkern wie Sören Kierkegaard, Martin Heidegger, Jean Paul Sartre oder Simone de Beauvoir und vielen anderen mehr. Der wahrscheinlich in diesem Zusammenhang einflussreichste Freidenker ist Friedrich Nietzsche (1844–1900), mit dem wir uns wegen seiner bedeutenden Stellung etwas ausführlicher beschäftigen.

Der Pfarrerssohn Nietzsche erkannte, dass die traditionelle Wahrheitsauffassung, ohne die die Wissenschaft nicht auskommt, aufs Engste mit der Existenz Gottes verknüpft ist.

Doch man wird es begriffen haben, worauf ich hinaus will, nämlich, daß es immer noch ein metaphysischer Glaube ist, auf dem unser Glaube an die Wissenschaft ruht, – daß auch wir Erkennenden von heute, wir Gottlosen und Antimetaphysiker, auch unser Feuer noch von dem Brande nehmen, den ein jahrtausendealter Glaube entzündet hat, jener Christenglaube, der auch der Glaube Platons war, daß Gott die Wahrheit ist, daß die Wahrheit göttlich ist … Aber wie, wenn dies gerade immer mehr unglaubwürdig wird, wenn nichts sich mehr als göttlich erweist, es sei denn der Irrtum, die Blindheit, die Lüge, – wenn Gott selbst sich als unsere längste Lüge erweist?[11] Weltanschauungen und Religionen sind für Nietzsche kein Versuch, „Welt zu verstehen“ und in Systemen festzuhalten, sondern Ausdruck für das menschliche Bedürfnis nach Sinn und Struktur. Das Chaos dieser Welt drängt uns, dem Dasein Zweck, Ordnung und Schönheit zuzuschreiben. Philosophie – so Nietzsche – ist nur Fiktion, die uns vor den Gefühlen der Unruhe und Wertlosigkeit schützt. Die metaphysischen Kategorien haben wir der Wirklichkeit nur angedichtet. Sie sind nicht Vorstellung, sondern Verstellung der Welt. „Die scheinbare Welt ist die einzige, die wahre Welt ist nur hinzugelogen …“[12], schrieb Nietzsche. Der Glaube an die Wahrheit stand für Nietzsche also in einem unauflösbaren Zusammenhang mit dem christlichen Glauben und so galt seine Aufmerksamkeit besonders der Zersetzung der christlichen Metaphysik. Einige Beispiele aus seinem Werk Der Antichrist:

Was ein Theologe als wahr empfindet, das muß falsch sein: man hat daran beinahe ein Kriterium der Wahrheit.[13] Hiermit bin ich am Schluß und spreche mein Urteil. Ich verurteile das Christentum, ich erhebe gegen die christliche Kirche die furchtbarste aller Anklagen, die je ein Ankläger in den Mund genommen hat. Sie ist mir das höchste aller denkbaren Korruptionen, sie hat den Willen zur letzten auch nur möglichen Korruption gehabt. Die christliche Kirche ließ nichts mit ihrer Verderbnis unberührt, sie hat aus jedem Wert einen Unwert, aus jeder Wahrheit eine Lüge, aus jeder Rechtschaffenheit eine Seelen-Niedertracht gemacht.[14]

Diese ewige Anklage des Christentums will ich an alle Wände schreiben, wo es nur Wände gibt, – ich habe Buchstaben, um auch Blinde sehend zu machen […] Ich heiße das Christentum den Einen großen Fluch, die Eine große innerlichste Verdorbenheit, den Einen großen Instinkt der Rache, dem kein Mittel giftig, heimlich, unterirdisch, klein genug ist, – ich heiße es den Einen unsterblichen Schandfleck der Menschheit […] Und man rechnet die Zeit nach dem dies nefastus[15], mit dem dies Verhängnis anhob – nach dem ersten Tag des Christentums! – Warum nicht lieber nach seinem letzten? Nach heute? – Umwertung aller Werte![16]

Wenn Gott tot ist, fällt für Nietzsche das Kartenhaus zusammen, dann gibt es keine Wahrheit und keine Moral. Nietzsche wusste, dass er zu seinen Lebzeiten vor allem Unverständnis und Entsetzen ernten würde.[17] Doch das, was er vorhersagte, sollte eintreffen. Eine große Zahl derjenigen Gelehrten, die wir heute mit dem Stichwort „Postmoderne“ in Verbindung bringen, steht in der Schuld Nietzsches. Zu ihnen gehören zum Beispiel Martin Heidegger, Georg Bataille, Michel Foucault, Jacques Derrida oder Gianni Vattimo.

Diese Leute und mit ihnen viele andere, wie Richard Rorty oder Paul Feyerabend haben die Metaphysik zu Grabe getragen und versucht, das abendländische Denken von allen metaphysischen Begriffen zu befreien. „Wer die Theologie, sowohl diejenige des christlichen Glaubens als auch diejenige der Philosophie, aus gewachsener Herkunft erfahren hat, zieht es heute vor, im Bereich des Denkens von Gott zu schweigen“, schrieb Martin Heidegger.[18] Nicht nur Begriffe wie „Freiheit“, „Seele“, oder „Sprache“ haben seit dem in der Gesellschaft tiefgreifende Umdeutungen erfahren, auch der Begriff „Wahrheit“ wurde von seinem metaphysischem Gehalt befreit. Das Konzept einer objektiven (und möglicherweise sogar göttlichen) Wahrheit wurde abgelöst von der Vorstellung, Wahrheit könne immer nur relativ und subjektiv sein.

Bei einer Umfrage, die 1990 unter amerikanischen Jugendlichen zwischen 18 und 25 gemacht wurde, zweifelten drei von vier Befragten an der Existenz objektiver Wahrheit.[19] Im Jahre 1987 schrieb, Allan Bloom, Professor für Philosophie an der Universität von Chicago: „In eine Sache kann sich ein Professor absolut sicher sein: Fast jeder Student, der an die Universität kommt, glaubt oder sagt, er glaube, Wahrheit ist relativ“[20].

Obwohl schon Sokrates (496–399 vChr) vor ca. 2400 Jahren bewiesen hat, dass dieser Wahrheitsrelativismus falsch sein muss,[21] konnte sich der relativistische Denkstil gesellschaftlich fest etablieren. Wir verspüren heute gelegentlich sogar zynische Verachtung gegenüber der Wahrheit. Die populären Popmusiker Rosenstolz singen: „Wahrheit ist doch nur was für Idioten“. Und Tocotronic, eine Hamburger Band, die den Zeitgeist sehr klug zu reflektieren und zu predigten weiß, singt auf ihrer Platte Pure Vernunft darf niemals siegen:

Pure Vernunft darf niemals siegen

Wir brauchen dringend neue Lügen

Die unsere Schönheit uns erhalten

Uns aber tief im Innern spalten

Die Verschiebung bei der Wahrheitsauffassung hat für unser Thema bedeutsame Auswirkungen, von denen ich drei herausstellen möchte.

(1) Die erste Auswirkung besteht darin, dass es inzwischen Allgemeingut ist, zu meinen, es könne keine absoluten Werte geben. Lange Vertragsbindungen oder unantastbare Werte (wie z. B. das menschliche Leben) werden suspendiert und durch kurzfristige Verträge abgelöst. Wir nehmen heute dieses Phänomen nicht nur als eine gesellschaftliche, sondern auch als eine gemeindliche Wirklichkeit wahr. Wir erleben vor unseren Augen die „Umwertung aller Werte“. Zwei Beispiele:

(a) Sexualität 

Da der Mensch eine Erfindung von Machtdiskursen ist, orientiert er sich nicht an ewigen Wahrheiten, sondern handelt Normen ständig neu aus. Lyotard, ein maßgeblicher Philosoph des Postmodernismus, weist darauf hin, dass permanente „Institutionen in beruflichen, affektiven, sexuellen, kulturellen, familiären und internationalen Bereichen wie in politischen Angelegenheiten“ durch „zeitweilige Verträge“ ersetzt werden.[22]

Folgerichtig ist Sexualität in der Postmoderne keine Frage theologischer Ethik oder des Naturrechts, sondern Verhandlungssache. Die Verträge, die ausgehandelt werden, können dabei immer nur Übergangsverträge sein, da sonst wieder langfristige Bindungen entstehen würden. Die herkömmliche Sexualmoral wird ersetzt durch Verhandlungsmoral und Lebensabschnittsgefährten. Postmoderne Moral bewertet nicht die Sexualität selbst, sondern nur die Art und Weise, wie sie zustande kommt. Der Sexualforscher Gunter Schmidt schreibt über die heutige Sexualmoral Folgendes:

Ob hetero-, homo- oder bisexuell; ehelich oder außerehelich; genital, anal oder oral; zart oder ruppig; bieder oder raffiniert, sadistisch oder masochistisch, zu zweit oder in Gruppen – all das ist moralisch ohne Belang. Von Belang ist, daß es ausgehandelt wird; und selbst Abstinenz kann verhandlungsmoralisch wieder zu Ehren kommen, verkleidet als ‚neue Keuschheit‘. Die Konsequenz ist ebenso radikal wie bemerkenswert: Die ‚normale‘ Sexualität, Heterosexualität, wird zu einem von vielen Lebensstilen, eine von viele möglichen Arten, sexuell zu sein.[23]

(b) Gender Mainstreaming 

Auch die geschlechtliche Polarität, die in der Bibel mit dem göttlichen Schöpfungsakt begründet wird (vgl. 1. Mose 1,27) und die in der Neuzeit noch selbstverständlich akzeptiert wurde, löst sich allmählich auf. Die Zweigeschlechtlichkeit wird unmerklich durch ein multiples Geschlechterkonzept ersetzt, das die Fixierung auf die Pole „männlich“ und „weiblich“ fallen lässt.

Möglich wird dies durch die Unterscheidung zwischen biologischen und sozial erlernbaren Geschlechterrollen. Sprachlich differenziert man im Englischen zwischen biologischem Geschlecht (engl. sex) und soziokulturellem Geschlecht (engl. gender). Die biologischen Anlagen sind nicht determinierend, sondern lassen eine Geschlechterentwicklung entlang eines Spektrums zwischen männlich und weiblich zu.
Auch die staatlich und europäisch geförderte Politik des Gender Mainstreaming ist von gemäßigten Versionen dieses Ansatzes beeinflusst. „Jeder soll ein neues so genanntes kulturelles, ‚soziales Geschlecht‘ bekommen, ein Gender, das er selbst bestimmen kann und dies völlig unabhängig von seinem biologischen Geschlecht.“[24] Bissig schreibt Bettina Röhl, eine Tochter von Ulrike Meinhof: Gender Mainstreaming heißt im Klartext kompletter Umbau der Gesellschaft und Neuerfindung der Menschheit. Gender Mainstreaming ist eine Art totalitärer Kommunismus in Sachen Sex und Geschlechterbeziehung.[25]

In den Fragen der Ethik orientiert sich die Gesellschaft also nicht mehr an irgendwelchen Vorgaben, sondern stellt geltende Werte unentwegt selbst her.

(2) Aufgrund der Tatsache, dass der objektive Wahrheitsbegriff verdrängt oder umgedeutet wurde, setzt sich in der Gesellschaft immer mehr das durch, was der Philosoph Harry Frankfurt „Bullshit“ nennt. Frankfurt schreibt: „Zu den auffälligsten Merkmalen unserer Kultur gehört die Tatsache, daß es so viel Bullshit gibt.“[26]

Unter Bullshit versteht der Philosoph Aussagen, die vortäuschen, um Wahrheit und Aufrichtigkeit bemüht zu sein, für deren Absender jedoch letztlich ein Wahrheitsbezug belanglos ist. Bullshiter tun so, als betrieben sie Vermittlung von Informationen, tatsächlich manipulieren sie Meinungen und Einstellungen von Menschen in ihrem eigenen Interesse. So sind wir umgeben von Meinungsmüll, der eine Unterscheidung von Wahrheit und Lüge kaum mehr zulässt. Die Kultur des Alltags ist die Kultur des Bullshits. Nun könnte man meinen, dass alles sei gar nicht so schlimm. Aber Frankfurt zeigt auf, dass Bullshit moralisch verwerflicher ist als die Lüge. Der Lügner hat noch Respekt vor der Wahrheit. Wer lügt, weiß, das ihm die Wahrheit gefährlich werden kann. Der Bullshiter interessiert sich nicht für die Wahrheit, sondern für die Durchsetzung seiner Absichten (z. B. gute Schlagzeilen verkaufen). Insofern ist das Desinteresse an der Wahrheit moralisch verwerflicher als das Lügen (welches auch verwerflich ist). Das führt nach Frankfurt in einen tiefen Vertrauensverlust und die Abkehr von dem Ideal der Wahrheit als Richtigkeit. „Statt sich in erster Linie um eine richtige Darstellung der gemeinsamen Welt zu bemühen, wendet der einzelne sich dem Versuch zu, eine aufrichtige Darstellung seiner selbst zu geben.“[27]

Doch können wir ohne Wahrheit leben? In allen Dingen, die wir unternehmen, und daher im Leben überhaupt, hängt der Erfolg oder Mißerfolg davon ab, ob wir uns von der Wahrheit leiten lassen oder ob wir in Unwissenheit

oder auf der Grundlage von Unwahrheit vorgehen. So sagt Frankfurt: Wir brauchen die Wahrheit nicht nur, um zu verstehen, wie wir gut leben sollen, sondern auch, um zu wissen, wie wir überhaupt überleben können.[28]

(3) Eine Debatte über die Wahrheit oder Richtigkeit des Glaubens scheint heute kaum noch möglich zu sein. Wir erleben, wie die Tradition der Moderne fortgeführt und der Glaube vom Raum des Wissens isoliert wird. Gott sei zum ganz Anderen zu machen, zu etwas, dass sich nicht nur Beweisen und Argumenten, sondern dem diskursiven Denken überhaupt entziehe. Religion dürfe keinen Wahrheitsanspruch mehr stellen und könne so auch nicht mehr mit den Wissenschaften kollidieren. Das Christentum der Zukunft müsse jeden Anspruch auf objektive Bedeutung fallen lassen. Jedes Beharren auf einer ewigen Wahrheit produziere nur Gewalt.[29] Der einzige Weg, der der christlichen Gemeinde offen steht, „um nicht wieder zu der kleinen Fundamentalistensekte zu werden, die sie zwangsläufig zu Beginn war, sondern um im Gegenteil ihre universelle Berufung auszubauen“, schreibt Gianni Vattimo, „besteht darin, die evangelische Botschaft als Prinzip der Auflösung aller Objektivitätsansprüche anzunehmen“[30].

So erleben wir seit Jahrzehnten, wie Fragen des Glaubens in den Bereich der Existenzwahrheit verwiesen werden. Über den Glauben wird fast ausschließlich nur noch im Sinne einer existentialen Wahrheit gesprochen. Innerweltliche Sachverhalte, wie zum Beispiel die Richtigkeit von mathematischen Gleichungen oder die Wirkungen von physikalischen Kräften, können unabhängig von unseren persönlichen Einstellungen bewertet werden. Existenzwahrheit ist jedoch nur in einem Akt persönlicher Betroffenheit und Entscheidung erfahrbar und kann jeweils nur für mich war sein. Kierkegaard und Heidegger sprachen so beispielsweise von einem Sprung. Offensichtlich wird der Glaube auf diese Weise vom ersten Wahrheitstyp Richtigkeit isoliert.

III. Wahrheit und Glaube 

Selbstverständlich ist die Unterscheidung zwischen objektiver Aussagewahrheit und Existenzwahrheit sinnvoll. Aber dürfen wir glauben, eine Existenzwahrheit könne immer nur eine auf den Augenblick bezogene Entscheidung sein, die sich einer gedanklichen Auseinandersetzung entziehe? Natürlich ist Existenzwahrheit mehr als eine objektive Aussage. Doch können Existenzwahrheiten auf objektive Aussagen verzichten?

Stellen Sie sich einmal vor, sie bekommen einen Brief, in dem Ihnen ein Mensch, den Sie sehr mögen, seine Liebe gesteht. Die Erkenntnis, aufrichtig geliebt zu werden, kann das gesamte Dasein verwandeln und damit Existenzwahrheit sein. Wer weiß, dass er geliebt ist, weiß, wozu er lebt und spürt sich selbst intensiver als vielleicht jemals sonst. Geliebt zu werden, ist also weit mehr als das Wissen um einen objektiven Sachverhalt. So eine Erfahrung trifft mich in der Mitte meiner Existenz und verändert meine Sicht auf mich selbst, den Menschen, der mich liebt und die Welt.
Aber ist so eine Erkenntnis wirklich etwas ganz anderes? Muss nicht das, was in dem Brief niedergeschrieben ist, auch objektiv zutreffen? Ist es nicht bedeutsam, dass es den Menschen, der den Brief verfasst hat, auch wirklich gibt (Richtigkeit)? Ist es nicht von elementarer Wichtigkeit, dass dieser Mensch auch denkt, was er in diesem Brief aufgeschrieben hat (Wahrhaftigkeit)? Existenzwahrheit als Erkenntnis, die zum wahren Dasein verhilft, ist unendlich mehr als bloße objektive Aussagewahrheit. Es geht ihr nicht nur darum, ob eine Sache richtig wiedergegeben wird. Existenzwahrheit kann es indes ohne objektiven Sachverhalt nur als Wunschtraum oder Täuschung geben. Deshalb kommt Existenzwahrheit ohne die Welt der Tatsachen nicht aus. Wir brauchen für die Erfahrung unserer Eigentlichkeit ein solides Fundament. So komme ich zum Schluss des Vortrags wieder auf den Anfang zurück. „Was ist Wahrheit?“, fragte Pilatus. Vielleicht konnte der Stadthalter mit Wahrheit nicht viel anfangen, da Politik für ihn wenig mit Wahrheit, aber viel mit Macht zu tun hatte. Möglicherweise wollte er sich dem Anspruch der Wahrheit entziehen und flüchtete in einen Agnostizismus, so wie es heute auch viele Menschen tun und glauben, damit alle Verantwortung von sich weisen zu können.

Nach dem Zeugnis der Bibel ist Gott selbst wahr (z. B. Jer 10,10 u. 1Joh 5,6.20). Seine Wahrheit ist die Festigkeit und Verlässlichkeit, mit der er zu seinem Wort steht. Gott und sein Wort haben Bestand. Wer sein Leben auf dem aufbaut, was Gott sagt, der baut nicht auf Sand, sondern auf Fels und kann deshalb die Stürme des Lebens überstehen (vgl. Mt 7,24–27). Jesus Christus bezeugt diese Wahrheit Gottes und sagt sogar von sich selbst, dass er die Wahrheit ist (Joh 14,6): „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich.“ Wer auf ihn hört und ihm folgt, der „ist aus der Wahrheit“, sagt Jesus Christus (Joh 18,37).

Merken Sie etwas? Hier geht es offenbar um Existenzwahrheit. Wer auf Gottes Stimme hört, der wandelt in der Wahrheit, dessen Leben kommt in die Wahrheit. Wer auf Gott hört, der ist ein wahrer Mensch, da er die Eigentlichkeit seiner Bestimmung lebt. Weil die Wahrheit „Jesus“ ist (Epheser 4, 21), gilt es, ihr zu gehorchen (Galater 5, 7). Das Annehmen und Bleiben in dieser Wahrheit führt in die Freiheit und zum Leben (Johannes 8, 31–32). Wer Jesus Christus nachfolgt, ordnet die eigenen Wünsche den Absichten Gottes unter (vgl. Matt 16,24), und verwirklicht sich doch zugleich im höchsten Maße selbst. Da er so lebt, wie er leben soll, lebt er wirklich.

Dem christlichen Glauben geht es – wie ich hoffentlich zeigen konnte – um reflektierbare und prüfbare Inhalte (objektive Aussagewahrheit). Auch die Wahrhaftigkeit ist für Christen ein hoher, und viel zu oft nicht eingelöster, Wahrheitstyp (subjektive Aussagewahrheit). Doch der Glaube an Gott ist nicht nur richtiges Wissen über Gott oder Aufrichtigkeit. Glaube an Gott bedeutet, in einer lebendigen und willentlichen Beziehung mit ihm zu leben.

Wohl dem Menschen, der mit David beten kann (Ps 86,11):

Lehre mich, HERR, deinen Weg,
dass ich ihn wandle in deiner Wahrheit;

richte mein Herz auf das Eine,

dass es deinen Namen fürchte!

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Ron Kubsch studierte Philosophie an der Fern-Universität Hagen und ist gegenwärtig Mitarbeiter am Martin Bucer Seminar und am Institut für Islamfragen in Bonn. Er arbeitet zudem mit Campus für Christus (Schwerpunkt Litauen). 

Fußnoten

[1] Eine gute zusammenfassende Darstellung gegenwärtiger Wahrheitstheorien bietet: Bruno Puntel, Wahrheitstheorien in der neueren Philosophie: eine kritisch-systematische Darstellung, Darmstadt: Wiss. Buchgesellschaft, 1978 (Erträge der Forschung 83).

[2] Bei der folgenden Unterscheidung zwischen drei Arten von Wahrheit beziehe ich mich auf Wilfried Joest, „In welchem Sinn wollen theologische Aussagen wahr sein?“ aus: W. Scheffczyk, R. Dettloff u. R. Heinzmann (Hg.), Wahrheit und Verkündigung, Bd. 2., München, Paderborn, Wien: 1967. 1339–53; Otto Friedrich Bollnow, Das Doppelgesicht der Wahrheit, Stuttgart: W. Kohlhammer, 1975, S. 11–14 u. Gerhard Stammler, „Die Bedeutung des Wortes Wahrheit“, Kerygma und Dogma 9 (1963), S. 234–243.

[3] Ich umschiffe in diesem Zusammenhang all die Fragen und Probleme, die Alfred Tarski (1902–1983) mit seiner semantischen Theorie der Wahrheit und John Austin (1911–1960) mit seiner Sprechakttheorie erörtert haben. Tarski erklärt, was eine Aussage zu einer wahren Aussage macht. Das Prädikat ‚wahr‘ ist nur in einer Metasprache zu verwenden, die man nutzt, um über eine Objektsprache zu sprechen. Die Objektsprache muss von den Prädikaten ‚wahr‘ und ‚falsch‘ freigehalten werden. Damit hat Tarski herausgearbeitet, dass es sich bei Wahrheit um eine Beziehung zwischen sprachlichen Zeichen und etwas Nichtsprachlichem handelt. Vgl. Tarski, Alfred. „Der Wahrheitsbegriff in den formalisierten Sprachen“, Studia philosophia, Bd. 1, 1936, S. 261–405. Zu Austin, der den unterschiedlichen Gebrauch der Sprache analysierte und überzeugend herausarbeitete, dass Sprache nicht nur feststellt, sondern sich auch performativ äußert, siehe: John Austin, Zur Theorie der Sprechakte, Stuttgart: Philipp Reclam, 2002.

[4] Freilich bedurfte es noch weiterer Prozeduren, um das heliozentrische Weltbild zu etablieren. Galilei konnte im naturwissenschaftlichen Sinn noch keinen überzeugenden Beweis liefern. Vgl. dazu Matthias Dorn, Hintergründe und Entwicklungen des Galileo-Prozesses, Vortrag im Seminar: „Geschichte der Naturwissenschaften in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts“, Institut für Geschichte der Naturwissenschaften der Ludwig-Maximilian-Universität München am 3. Juli 1992; Walter Brandmüller u. Ingo Langner (Hg.), Der Fall Galilei und andere Irrtümer: Macht, Glaube und Wissenschaft, Augsburg: Sankt-Ulrich-Verlag, 2006 sowie Lydia Jaeger, Wissenschaft ohne Gott?, Bonn: VKW, 2007, S. 21–24.

[5] Oder: „Denn zu sagen, dass, was der Fall ist, nicht der Fall ist, oder dass, was nicht der Fall ist, der Fall ist, ist falsch; dass aber das, was der Fall ist, der Fall ist und das, was nicht der Fall, nicht der Fall ist, wahr“ (Aristoteles, Metaphysica, 1011 b 26f).

[6] Thomas benutzt den Begriff adaequatio (Angleichung) und nicht aequitas (Gleichheit). Erkenntnis ist für ihn ein Annäherungsprozess. Die Wahrheit entsteht als Angleichung des erkennenden Verstandes (intellectus) an das erkannte Ding (res).

[7] Auch Ludwig Wittgenstein schrieb in seiner „frühen Phase“: „Das Bild [ein sinnvoller Satz] stellt dar, was es darstellt, unabhängig von seiner Wahr oder Falschheit, durch die Form der Abbildung“ (Tractatus 2.22). „Das Bild stimmt mit der Wirklichkeit überein oder nicht; es ist richtig oder unrichtig, wahr oder falsch“ (Tractatus 2.21). „Einen Satz verstehen, heißt, wissen, was der Fall ist, wenn er wahr ist“ (Tractatus 4.024). In einer formalen Sprache sieht das so aus: {wahr}p = dfÜb(p,SVp). Diese Formel ist zu lesen: Der sprachliche Ausdruck „p“ stimmt überein mit dem Sachverhalt, auf den sich „p“ bezieht.

[8] Selbstverständlich ist eine Situation denkbar, in der jemand vollkommen davon überzeugt ist, die Wahrheit zu sagen, obwohl er objektiv falsch liegt (z. B. bei „Verstehen Sie Spaß“).

[9] Die griechische Bezeichnung ta/ meta/ ta/ pysika/ geht auf Andronikos von Rhodos zurück (ca. 70 vChr), der bei der Ordnung der Werke des Aristoteles die Bücher über die „ersten Fragen“ den Büchern „über die Natur“ nachstellte.

[10] Emerich Coreth, Grundriss der Metaphysik, Innsbruck, Wien: Tyrolia, 1994, S. 20.

[11] Friedrich Nietzsche, Die fröhliche Wissenschaft, Frankfurt/Main: Insel-Verlag, 2000, S. 320.

[12] Friedrich Nietzsche, Götzen-Dämmerung oder Wie man mit dem Hammer philosophiert, S. 75.

[13] Friedrich Nietzsche, Der Antichrist, Frankfurt am Main: Insel, 1986, S. 20

[14] Friedrich Nietzsche, Der Antichrist, S. 125.

[15] Ein „gesperrter Tag“, an dem politische Tätigkeiten nicht erlaubt sind.

[16] Friedrich Nietzsche, Der Antichrist, S. 125–126.

[17] Er schrieb: „Erst das Übermorgen gehört mir“. Friedrich Nietzsche, Der Antichrist, S. 9.

[18]  Zitiert nach Wilhelm Weischedel, Der Gott der Philosophen, Bd. 2, S. 280.

[19]  George Barna, The Barna Report: What Americans Believe, S. 83–85.

[20]  Allan Bloom, The Closing of the American Mind, S. 25.‚

[21]  Argumentationsfiguren wie: „Es gilt absolut, dass absolut nichts objektiv ausgesagt werden kann“ tauchen in der Literatur oft auf. „Im 20. Jahrhundert haben die Geschichtswissenschaftler endlich erkannt, dass es keine historischen Wahrheiten gibt.“ Oder: „Wahrheit ist immer relativ.“ Solche Sätze stehen im Widerspruch zu ihrem eigenen propositionalen Gehalt. Sokrates half dem Protagorasschüler Theodorus dabei, einzusehen, dass er mit so einem Relativismus falsch liegt, weil beinahe alle Menschen es anders sehen müssen. Sokrates: „Sollten wir vielleicht sagen, dass dein Glaube für dich wahr ist, aber nicht für die unzählbar vielen Leute?“ (nachzulesen in Platons Theaitetos).

[22] Jean-François Lyotard, Das postmoderne Wissen, Wien: PassagenVerl, 1999, S. 191.

[23] Gunter Schmidt, „Die andere Seite der Sexualität“, URL: www.kinderschutz-zentren.org/ksz_a-material2.html [Stand: 26.02.2007].

[24] Bettina Röhl, „Die Gender Mainstreaming-Strategie“, Cicero Online Spezial, URL: www.cicero.de/page_print.php [Stand: 16.04.2007]

[25] Bettina Röhl, „Die Gender Mainstreaming-Strategie“, Cicero Online Spezial, URL: www.cicero.de/page_print.php [Stand: 16.04.2007]

[26] Harry G. Frankfurt, Bullshit, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 2006, S. 9.

[27] Harry G. Frankfurt, Bullshit, S. 9.

[28] Vgl. Harry G. Frankfurt, Über Die Wahrheit, München: Carl Hanser, 2007, S. 36–37.

[29] Vgl. Ulrich Engel, „Philosophie (im Licht) der Inkarnation“, in: Gianni Vattimo, Richard Schröder u. Ulrich Engel (Hg.), Christentum im Zeitalter der Interpretation, Wien: Passagen Verlag, S. 44.

[30] Gianni Vattimo, „Das Zeitalter der Interpretation“, in: Richard Rorty u. Gianni Vattimo, Die Zukunft der Religion, Frankfurt am Main: Suhrkamp, S. 56.

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