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Philosophie

Tod Gottes und Vernichtung der Menschenwürde in Nietzsches Diagnose

Prof. Dr. Edith Düsing · 
27.06.2016

Motto: In: „Zur Kritik der Modernität“ geißelt Nietzsche eine Hybris, die alles zerstört. „Nimmt sich unser ganzes modernes Sein“ nicht „wie lauter Hybris und Gottlosigkeit aus“? „Hybris ist heute unsre ganze Stellung zur Natur, unsre Natur-Vergewaltigung mit Hilfe der Maschinen“; „Hybris ist unsre Stellung zu Gott, will sagen zu irgend einer angeblichen Zweck- und Sittlichkeits-Spinne hinter dem großen Fangnetz-Gewebe der Ursächlichkeit“; „Hybris ist unsre Stellung zu uns, – denn wir experimentieren mit uns, wie wir es uns mit keinem Tiere erlauben würden, und schlitzen uns vergnügt und neugierig die Seele bei lebendigem Leibe auf: was liegt uns noch am ‘Heil’ der Seele!“ (Genealogie der Moral, Teil III, 9) „Wer das Große nicht mehr in Gott findet, findet es überhaupt nicht vor und muß es entweder leugnen oder“ selbst „schaffen“ (KSA 10, 37).

„Das Heiligste ist unter unsern Messern verblutet“! –

 Tod Gottes und Vernichtung der Menschenwürde in Nietzsches Diagnose

(Nietzsche entlarvt die Bibelkritik einer nihilistisch verfallenen Aufklärung)

– Georgisch-Deutsches Symposion: Das Christentum und die europäische Zivilisation –

Kloster Scheyern bei Pfaffenhofen 21.-22. November 2015

Problemaufriss in Thesen zur schweren Melancholie in Europa als Folge des  „Todes Gottes“

Nietzsche ahnte die Hybris des Sich-Erschaffens des Menschen zwischen Leben und Tod voraus.

Eine Welt des Irrtums geht unter, bezweifeln wir das nihilistische Dogma des 21. Jahrhunderts: „Nichts ist wahr – Alles ist erlaubt“! Dieses alte Assassinen-Motto, – früher als das maximal Böse empfunden, – durchtränkt das Lebensgefühl der Postmoderne. Dessen polemischer verheimlichter Kern heißt: Weil alles erlaubt sein soll, darf nichts wahr sein, müssen Ansprüche auf Wahrheit unter Fundamentalismusverdacht gestellt werden. Jedes autoritative Wort des Dominus dixit wird als anstößig verworfen. Das Vergnügen an der Emanzipation des Fleisches soll ungestört bleiben.

In einem Beispiel aus Frankreich verdichtet sich unser Zeitgeist: Ein Mädchen überlebt seine Abtreibung, ist behindert, erhebt Klage, gewinnt Schadenersatz für das eigene Geborenwordensein! Suizidaler Geist – woher? Wie im analytischen Drama soll dieses ungeheure Phänomen in seiner Genese ausgeleuchtet werden, und zwar religionsphilosophisch. Ein antiker heidnischer Spruch, den Nietzsche in „Die Geburt der Tragödie“ (von 1873) zitiert, lautet:  „Das Beste ist, nicht geboren worden zu sein, was unerreichbar ist, das Zweitbeste, bald zu sterben!“ Solche schwere Melancholie hat das nachchristliche Europa ereilt. Nietzsches visionäre Schlüsselthese lautet:  „Der ‚Tod Gottes’ ist vom Menschen selbst verschuldet; und die böse Folgelast des Gottestodes ist der Nihilismus.“

Nihilismus als psychischer Zustand ist Selbstwertverlust, Melancholie im Innersten, die sich z.B. im Wunsche Luft macht, nicht geboren worden zu sein. Nietzsches Wort von dem durchbohrenden Gefühl des eigenen Nichts (GM III, 25) hat hohe Erklärungskraft. Der passive Nihilismus bedeutet, dass der Mensch nichts mehr glauben, hoffen, lieben, ja überhaupt wollen kann, z.B. zur Selbstbetäubung neigt; im „aktiven“ Nihilismus sieht Nietzsche destruktive Energien durchbrechen, so die Lust an Anarchie. Im Zarathustra wird als Mörder Gottes der hässlichste Mensch angezeigt, der den Zeugen seiner Hässlichkeit nicht ertrug. Als Tatort des Gottesmordes wird die Bibelexegese enthüllt, die den Spiegel stumpf macht, in dem ich durch Gottes Wort mich erkennen, Buße tun, Christus ergreifen kann.

I) Spirituelle Analyse der geistigen Lage Europas im 21. Jahrhundert: die Lichter gehen aus – Kriterium: Christi Kreuz und Auferstehung als Mitte des Heils wird in Europa verleugnet.

Inwiefern hat die europäische freigeistige Philosophie zur Entstehung der Bibelkritik beigetragen?

Das Losungswort der Aufklärung: die Kritik, hat erste Ursprünge in der historisch-philologischen Textkritik an der Bibel (R. Simon: Histoire critique du vieux testament, 1678). Kritik zielt auf strenge Wahrheitsfindung ab und vorurteilsfreie Prüfung der Beweise. Thomasius (Vernunftlehre, 1691) hebt vom übernatürlichen Licht, das uns Offenbarung schenkt, die Vernunft als natürliches Licht ab. Ihre Kritik wird destruktiv, wenn atheistische Prämissen das Ergebnis präjudizieren. Nietzsche verlor nicht durch Philosophie, sondern durch die Bibelkritik von D. F. Strauß seinen christlichen Jugendglauben, in den Strauß’ Begriff der Fabel (: die Evangelien seien phantasiert) ein Kraterloch an Skepsis schlug; dem Heil in Christo wird durch die Leugnung, Jesus sei Gottes Sohn, die Basis geraubt. Im Tod-Gottes-Thema verdichtet Nietzsches Denken das Ende der Auferstehungshoffnung.

Für viele Menschen sieht er, so wie er selbst das erfuhr, eine „unendliche Gedankenverwirrung“ und Melancholie als „trostloses Resultat“ voraus, wo Bibelkritik das Evangelium kraftlos macht. Die Verfinsterungsgewalt dieses Äons breitet sich nach Karl Barth in dem Maße aus, in dem wir das Axiom aller Axiome, der gekreuzigte Jesus Christus sei wahrhaftig auferstanden, preisgeben. Christus, in dem alle Schätze der Weisheit liegen, wird aus unsrer Kultur ausradiert. Die „Wut der Welt wider das Evangelium“ (Luther) entlädt sich im Wegschaffen des Kreuzes aus öffentlichen Räumen. Es geht um Selbsterlösung vom Erlöser, Hass auf das Lamm Gottes, da es Störenfried der Spaßgesellschaft ist. Sünde wird geleugnet; soziale Faktoren gelten als Ursache für Verbrechen.

Alle Institutionen und Autoritäten des christlichen Abendlandes wurden seit der 1968er Revolte erfolgreich abgeschliffen, nun bis hin zum Aus von Vater und Mutter.[1] Das Verbot zu verbieten und die Parole  „macht kaputt, was euch kaputt macht!“ schlägt selbstmörderisch auf den familialen Ursprung zurück. Jegliches Hierarchische, Grenzen Setzende, ungehemmten Spaß Verderbende wird Hassinhalt. Das Heilige wird durch postmoderne Respektlosigkeit abgeschafft; stattdessen werden neue Tabus und Inquisitionsbühnen errichtet. Ein überbordender sozialer Fürsorgestaat – Wohlfahrtsgarantie wird mit Freiheitsverlust bezahlt – wird zum Privatsphären vernichtenden und Gesinnung ausschnüffelnden illegitimen Überwachungsmonster. Manche suchen nach einem Orientierung schenkenden Fixstern außerhalb menschlicher Machenschaften. Zutiefst altgläubig und daher zeitgeistungläubig zu sein ist der einzig tragfähige Weg, Widerstand zu leisten wider die wachsende Frivolität des Schamlosen und Bösen, die W. Solowjew in seiner Vision vom Antichristen prophezeit hat. Und W. Elert fordert hellsichtig, „das Christentum aus den Verschlingungen mit einer untergehenden Kultur zu lösen, damit es nicht mit in den Strudel hinabgerissen werde“.[3]

Die Signatur unserer Epoche ist das mit Füßen Treten der Ehrfurcht vor Gott und gleichzusetzen damit der Achtung vor der unantastbaren Kostbarkeit jedes Menschenlebens, das zuerst im Anfang und nun am Ende seiner Lebensbahn auf die Todesliste gesetzt wird.[4] Das in der Aufklärung viel gerühmte freie Denken wird von Ideologien und die „verlassenen Altäre“ werden von Dämonen eingenommen (Ernst Jünger). Die Freiheit des Christenmenschen, völlig säkularisiert, verlor ihren Glanz. Von allen Mächten befreites Tun gibt es allein im Horizont des christlichen Glaubens.

Gegen Natur und Schöpfung aufbegehrend, soll die bipolare Geschlechterordnung aufgelöst werden. Genderwahn peitscht die Entzauberung der Andersheit des Weiblichen und Männlichen durch, d.h. Ausmerzen des Eros als Quelle des Lebensjubels und der Erossublimate: Kultur und Wissenschaft.  Sind Entwurzelte ohne persönliche Integrität, also labile Charaktere, ohne freies Denken, ohne Rückgrat, im Programm von immer mehr Krippenplätzen schon für Neugeborene wider seriöse Pränatal-, Säuglings- und Hirnforschung politisch gewollte Zukunft Europas? Ein Heer von sich selbst wertlos Fühlenden und daher leicht Manipulierbaren?! Die postmoderne Gesellschaft wird wieder zur archaischen, wo öffentlicher und privater Raum ununterscheidbar ineinander fließen, wo man Kinder aus ihrer Familie enteignet oder das Intimste systematisch publik gemacht wird.

Was verlieren wir im Paradigmensturz vom gottähnlichen Würdebild zur Tierseele des Menschen?

Im Zerstören sexueller Tabus gelingt rapide Abschaffung von Hochkultur. Durch Entschämung vom Kindergarten an wird das Urmotiv blühenden Lebens zerstört: Faszination durch den Eros.

Das naturalistische Welt- und Menschenbild lehrt, sich von Scham und Gewissen zu entschämen. Entschämung ist die schwerste Entpersönlichung des Ich, sie heißt, Massenmedien hörig werden. Es gibt öffentliche Paraden sich selbst feiender Dekadenz, deren Müllberge real und symbolisch sind. Als Standardlebensstil gilt die unverbindliche Promiskuität, ohne Einspruchserlaubnis. Klassische Tugenden wie Selbstbeherrschung, Keuschheit, Treue, Demut, Pflicht geraten in Verruf. Sittliche Charakterstärke und vielseitiges Interesse waren Grundlage für ein Land der Dichter und Denker.

Ein naturalistisches Menschenbild (Geist, Seele, freier Wille wird auf Gehirnprozesse reduziert), gekoppelt mit der Perversion des Johanneswortes: „Gott ist Liebe“ (1Jo 4,6) in das Dogma, die zwischenmenschliche Liebe sei Gott, führt zur Absolutsetzung der Sexualität und des Sozialen, dem kollektive Anbetung gezollt wird. In sozialistischer Ideologie gilt der Mensch statt als Gott suchende Seele als soziales Bedürfniswesen. Infolgedessen stürzt die Ehrfurcht vor Gott dahin.

II: „Das Heiligste (…) ist unter unseren Messern verblutet“ – Der Heiligste ist Christus
II. 1) „Das Heiligste“ in Nietzsches Jugendglauben und der Verlust „höchster Dinge“

Die Rede vom Heiligen, des Näheren von dem Heiligsten, worin das schlechthin Gute anwesend ist,[5]fokussiert Nietzsche überraschend eindeutig und ausschließlich in der Gestalt Jesu Christi. Das Heilige in unüberbietbarer Erhabenheit, daher der Superlativ, wird also christozentrisch gefasst. So steht und fällt dessen ontologischer Gehalt mit der Glaubwürdigkeit von Jesu Gottgleichheit.

Ausgehend vom Golgatha-Jugendgedicht führt eine Sinnlinie zur Parabel vom  „tollen Menschen“. Das in Bildgehalt und Aussagekraft gewichtige Gedicht mit dem Titel Gethsemane und Golgatha (von 1864) stammt aus der ersten Zweifelsperiode des jungen Nietzsche,[6] bezeugt aber klar die christliche Botschaft zum Passionsgeschehen. Das Gedicht stellt die mitternächtliche Szene bei Gethsemane (Markus 14, 32-42) und die mittägliche auf Golgatha (Markus 15, 12-41) zusammen. Es stellt beide Szenen als weltgeschichtlich bedeutungsvollste Ereignisse dar. Zeit und Ewigkeit berühren einander. Alles Irdische wird in seiner Vergänglichkeit enthüllt. Alle Geschichte vorher ist Vorbereitung dieser Fülle der Zeiten. Christus ist Mitte und Wendepunkt der Weltgeschichte.

„O Stätten heiligster Vergangenheit! / Gethsemane und Golgatha, ihr tönet / Die frohste Botschaft durch die Ewigkeit: / Ihr kündet, daß der Mensch mit Gott versöhnet, / Versöhnet durch das Herz, das hier gerungen, / Das dort verblutet und den Tod bezwungen! – / O Stätten, ihr, der Zukunft Weltgericht, / Der Frommen Hoffnung und der Sünder Grauen! / Vor Euch wird eitler Ruhm und Glanz zu nicht, / Von Euch wird Segen auf die Welten tauen. – / So schaut ihr, vorwärts, rückwärts, auf die Zeit, / Ein Merkmal in dem Strom der Ewigkeit.“ „Gethsemane und Golgatha! Gleich Sonnen / Voll tiefsten Glanzes strahlt ihr in die Welt, / Gethsemane, du heil’ger Leidensbronnen“ (BAW 2, 401, 403f). (– Das ‚Verbluten’ Gottes kehrt in der Parabel des ‚tollen Menschen’ wieder.)

„Du heil’ger Leidensbronnen“, mit dieser Anrede wird Christi Weg zum Kreuz, der Sünde, Tod und Teufel überwindet, mit den heilsamen Wunden des leidenden Gottesknechts verknüpft (Jes 53, 5). Nietzsche notiert zu Jesus: „Er sieht die Gedanken“; er ist „leutselig“ gegen Sünder (BAW 2, 252).

Nietzsche ist im 19. Jahrhundert zum Denker des Verlustes des Heiligen und Ewigen geworden. Religiöse Gewissheit wird untergraben durch historische Kritik. „Wie Städte bei einem Erdbeben einstürzen und der Mensch nur zitternd sein Haus auf vulkanischem Grunde aufführt“, so ruft historische Analyse ein Begriffsbeben hervor, das Menschen ihren „Glauben an das Ewige“ raubt (KSA 1, 330). D. F. Strauß’ Bibelkritik tastet in der Biographie Jesu das Heilige an. Erdbeben- und Vulkanmetaphorik deuten hin auf den alles umstürzenden Verlust des vertrauten Gottesglaubens. Das Inbild dessen, was für Nietzsche das Heilige, Gute, die Liebe selbst war, ist Jesus am Kreuz. Ist er aber nicht der Christus, so leuchtet Nietzsches Verlustbilanz zur verlorenen wahren Welt ein.

Die bisher „höchsten Dinge“, der biblisch fundierte Gottesglaube und die Religion des Kreuzes Christi, haben sich in unglaubwürdige „Mythen“ und „Märchen“ verwandelt (KSA 11, 627). Es ist dann eine „furchtbare Neuigkeit“, dass der vormals ge­glaubte „christliche Gott ‘tot ist’, dass in unseren Erlebnissen nicht mehr eine himmlische Güte und Erziehung“ sich ausdrückt (KSA 11, 425). „Das jenseitige Leben weg? – man hat dem Leben die Pointe genommen.“ (KSA 11, 621) Auch herrscht keine Furcht mehr vor den Folgen der Gottlosigkeit. Zuerst spielt sich dies Verlie­ren „höchster Dinge“ im Bewusstsein Einzelner ab, bald aber wird „der Verlust des Glaubens“ unter allen „ruchbar“. Es folgt in Nietzsches Diagnose daraus unabwendbar und breitenwirksam: das Aufhören von Ehrfurcht und Achtung, von Autorität und Vertrauen; weiterhin folgt ein gieriges „Leben nach dem Augenblick“, dem „gröb­sten Ziel“, schließlich ein „Experimentieren, ein Gefühl der Unverant­wortlichkeit, die Lust an der Anarchie!“ Eine gemeinere Gattung Mensch, wie in Platons Ochlokratie, gewinnt das Regiment: die Masse maßt sich das Herrschen an. Überschauen wir, so ruft Nietzsche eine Sequenz von sich überstürzenden Fragen auf, die ganze Folgelast der sich anbahnenden „Vernichtung der Religion und Metaphysik“, der „Noblesse und Individual-Bedeutung“?! Wehe denen, die sich den Massen als ihre „Heilande“ anbieten, wenn der „Rausch der Anarchie“ abflaut (KSA 9, 200f). Die meisten wollen nur ihre „fessellose Freiheit“ (KSA 1, 698).

II. 2) Zur Parabel vom tollen Menschen, der Gott sucht und sich als Mörder Gottes entdeckt

Das erschütterndste Wort Nietzsches: Gott ist tot, hier erstmals von ihm veröffentlicht, wäre als atheistisches Dogma gelesen missverstanden. Es ist eine dichterisch gestaltete Parabel. Bleibt das Resultat seines Nachforschens nach Gott auch negativ, so unterscheidet sich der ‘tolle Mensch’ weit von den Alltags-Atheisten, die Gott durch Spott und Zynismus “getötet“ haben. Wahnsinnig ist der tolle Mensch im Sinn des Hofnarren, der als einziger ungefährdet die Wahrheit sagen darf.

  • Der tolle Mensch. – Habt ihr nicht von jenem tollen Menschen gehört, der am hellen Vormittag eine Laterne anzündete, auf den Markt lief und unaufhörlich schrie: ‘Ich suche Gott! Ich suche Gott!’ – Da dort gerade viele von denen zusammen standen, welche nicht an Gott glaubten, so erregte er ein großes Gelächter … Der tolle Mensch sprang mitten unter sie und durchbohrte sie mit seinen Blicken. ‘Wohin ist Gott?’ rief er. ‘Ich will es euch sagen! Wir haben ihn getötet – ihr und ich! Wir Alle sind seine Mörder! Aber wie haben wir dies gemacht? Wie vermochten wir das Meer auszutrinken? Wer gab uns den Schwamm, um den ganzen Horizont wegzuwischen? Was taten wir, als wir diese Erde von ihrer Sonne losketteten? Wohin bewegt sie sich nun? Wohin bewegen wir uns? Fort von allen Sonnen? Stürzen wir nicht fortwährend? Und rückwärts, seitwärts, vorwärts, nach allen Seiten? Gibt es noch ein Oben und Unten? Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts? Haucht uns nicht der leere Raum an? Ist es nicht kälter geworden? Kommt nicht immerfort die Nacht und mehr Nacht? Müssen nicht Laternen am Vormittage angezündet werden? Hören wir noch nichts von dem Lärm der Totengräber, welche Gott begraben? … Gott ist tot! Gott bleibt tot! Und wir haben ihn getötet! Wie trösten wir uns, die Mörder aller Mörder? Das Heiligste und Mächtigste, was die Welt bisher besaß, es ist unter unseren Messern verblutet, – wer wischt dies Blut von uns ab? Mit welchem Wasser könnten wir uns reinigen? Welche Sühnefeiern, welche heiligen Spiele werden wir erfinden müssen?“ (FW 125) „Das Heiligste“, Gott, der absolut Heilige verblutet.

Im Vorwurf des Gottsuchers an die Agnostiker, die am Ort der Anbetung des Mammon in Gerüchte und Geschäfte eintauchen, ihr seid es, die Gott getötet haben, klingt Petri kühne Rede nach: „Ihr habt ihn [Jesus] … getötet“ (Act 2, 23), hier aber ohne Hoffnung auf sein Auferstehen: Er „bleibt tot“!

Wie bei Jesu Kreuzigung eine Finsternis über das Land kam (Mk 15, 33): der Kosmos trauert mit, begleitet in Nietzsches Parabel eine kosmische Katastrophe den Tod Gottes. Die Kategorien zur Beschreibung versagen im Versuch, die verheerenden Folgen des Gottestodes auszuloten; das Universum implodiert und explodiert. Gottes Sterben heißt Losbinden der Erde von ihrer Sonne: Symbol des Heiligsten, göttlich Guten oder höchsten Seins; ohne das Agathon ist alles nichts wert. Daß Nacht hereinbricht, symbolisiert den Verlust der Wahrheit, die Kälte den Verlust der Liebe.

 Nietzsche stellt vor die eine Wahl: Gott oder das Nichts! Der Mensch erleidet im Gottestod totalen Orientierungsverlust, ein richtungsloses Fallen, weiß nicht mehr, woher er kommt, wohin er geht, wer er ist. Der visionäre ‚tolle Mensch’ ruft eine Frage als Diagnose aus: „Irren wir nicht wie durch ein unendliches Nichts?“ Das Agathon als Maß aller Maße ging verloren, das die Güte des Seins verbürgt.

 Den einzigen Hinweis, mit dem sich in der Gleichnisrede etwas bestimmtes Reales assoziieren läßt und – wie in einem kriminologischen Indizienbeweis — ein Motiv und der Tathergang (: Wir haben Gott getötet) rekonstruierbar werden, enthält das Wort über das ‚Verbluten des Heiligsten unter unsern Messern’, die Mordwaffen in Gestalt von Seziermessern sind und auf die heiße Spur der kritischen Historie zurückführen. ‚Sezieren’, ‚Vivisektion’ sind aus der chirurgischen Medizin entlehnte Begriffe. Die „Geburtsstätte des Christentums“, das Leben Jesu (D.F. Strauß), sei, nach fertigem wissenschaftlichen Erkenntnisgang, „zu Ende seziert“ und damit „vernichtet“ (KSA 1, 296ff), so Nietzsches Alarmruf. Die historische Kritik wird mit „Section“, also dem kunstgerechten Öffnen von Leichnamen verglichen; gemeint ist ein erbarmungslos zum Tode führendes Analysieren von etwas bislang lebendig Gewesenem. Auf den realen Sinn einer Mordtat am Ewigen verweist in der Parabel (FW 125) das blutbefleckte Messer, also die historisch-kritische Analyse des Lebens Jesu.

 Kühnes Sich-selbst-Erkennen des aufgeklärten freien Geistes, der Nietzsche ist, führt dahin, dass er in Gestalt des ‚tollen Menschen’ (Fröhliche Wissenschaft Aphorismus 125) die Selbstanklage auf den Punkt bringt: „Gott ist tot!“- Wir haben ihn getötet, ihr und ich: „Wir erwachen als Mörder“!

Vordergründig ist es die Sezierlust des aufklärerischen Verstandes, die, gemäß Nietzsches Schau, das ‚Sterben’ des christlichen Gottes auslöst, im Abgrund der verlorenen Seele aber ist es deren Strategie zur Verleugnung der eigenen Hässlichkeit, die den Spiegel des göttlichen Wortes stumpf macht, in welchem sie schmerzlich grell sichtbar sein würde.[7] Der aufgeklärte Mensch seziert viel lieber den ‚Spiegel’ Bibel, als dass er sich von ihm durchleuchten ließe, so Nietzsches Durchblick.

Das Problem nach Gottes Tod ist zudem der Verlust der Schöpfungsordnung und die folgende Sinnleere, Melancholie, das sich selbst nichts Wertsein des Menschen, ein epidemisch zu werden drohender Lebensüberdruss. Nietzsches Nihilismus-Prognose ist prophetische Ahnung unserer Jetztzeit.

III) Unter göttlicher Obhut Stehen oder Lizenz zum Töten?!  –

Nietzsche ahnt die Entpersönlichung des Menschen voraus, der durch Verlieren der Gottesnähe labilisiert ist, sodass Demokratie in Ochlokratie und diese in tyrannischen Egalitarismus umschlägt. „Wer wird das Bild des Menschen aufrichten“? (KSA 1, 368), so heißt die Frage im Sinnvakuum. Der Kältetod der Humanität bricht in Nietzsches Diagnose in eine atheistisch ideallose Gesellschaft ein durch ihre Armut an Güte, Geist und Liebe. Eins sind alle, so die zeitgeistkritische Diagnose, im „Glauben an die Gemeinschaft als Erlöserin“, also an die „autonome Herde“ (JGB 202). Der Wehruf: „Kein Hirt und Eine Herde! Jeder will das Gleiche, Jeder ist gleich: wer anders fühlt, geht freiwillig in’s Irrenhaus.“ Was ist Liebe, Schöpfung, Sehnsucht, fragt der ‚letzte Mensch’. „Man hat sein Lüstchen für den Tag und für die Nacht“ und ehrt die Gesundheit, – „ein wenig Gift“ für angenehme Träume und am Ende „viel Gift“ für ein angenehmes Sterben (KSA 4, 19f).

Paart sich einmal, wie Nietzsche hellsichtig (Peter Singer!) vorausahnt, mit dem großen Mitleid der große Ekel an gründlich Verstimmten, „Missgebornen“, so komme „etwas vom Unheimlichsten zur Welt“, der ‘letzte Wille’ des Menschen, sein Wille zum Nichts als seiner müde Seins (GM III, 14).

Dem historistischen Zugrundegehen des Christentums als Dogma (Strauß) folge als zukünftiges Schauspiel Europas das Zugrundegehen des Christentums als Moral (GdM III 27). Das Gefälle zur Wertlosigkeit persönlichen Seins ohne Gott hat Nietzsche in prophetischer Intuition erfasst:

 „Das grösste neuere Ereignis, – dass ‘Gott tot ist’, dass der Glaube an den christlichen Gott unglaubwürdig geworden ist – beginnt bereits seine ersten Schatten über Europa zu werfen. Für die wenigen wenigstens, deren Augen, deren Argwohn in den Augen stark und fein genug für dies Schauspiel ist, scheint eben irgendeine Sonne untergegangen, … ein altes tiefes Vertrauen in Zweifel umgedreht: ihnen muss unsre alte Welt täglich … misstrauischer, fremder, … scheinen. In der Hauptsache aber darf man sagen: das Ereignis selbst ist viel zu gross, zu fern, zu abseits vom Fassungsver­mögen vieler, als dass auch nur seine Kunde schon angelangt heißen dürfte; geschweige denn, dass viele bereits wüssten, was eigentlich sich damit begeben hat – und was alles, nachdem dieser Glaube untergraben ist, nunmehr einfallen muss, weil es auf ihm gebaut, an ihn gelehnt, in ihn hineingewachsen war: zum Beispiel unsere ganze europäische Moral. Diese lange Fülle und Folge von Abbruch, Zerstö­rung, Untergang, Umsturz, die nun bevorsteht: wer erriete heute schon genug da­von, um den Lehrer und Vorausverkünder dieser ungeheuren Logik von Schrecken abgeben zu müssen, den Propheten einer Verdüsterung und Sonnenfinsternis, deren Gleichen es wahrscheinlich noch nicht auf Erden gegeben hat?“ (FW 343)

Für Nietzsche liegt die Letztbegründung christlich-moralischer Werturteile in der Gottesidee. Die christliche Ethik der Liebe und Pflicht fällt mit dem christlichen Gott dahin. Bricht man aus ihr den Glauben an den Christus heraus, so zerbricht man das ganze System ihres Wertgefüges. In plötzliche Abgründe eines naturalistisch verstandenen Todes bis hin zu Selbstmordlizenz und Euthanasie, wiewohl in Frageform und ein Tabu erinnernd, führt ein Aphorismus, der an das Darwinsche Kampf-ums-Dasein-Motiv anknüpft: „Was heißt Leben?“ Leben heißt „fortwährend Etwas von sich abstoßen, das sterben will; Leben – das heißt grausam und unerbittlich gegen alles sein, was schwach und alt an uns, und nicht nur an uns, wird. Leben – das heißt also: ohne Pietät gegen Sterbende, Elende und Greise sein? Immerfort Mörder sein? – Und doch hat der alte Moses gesagt: ‘Du sollst nicht töten!’“ (FW 26) Tötungslizenz abzuwehren wird ein Problem.

Fußnoten

[1] Vacquin, Monette/ Winter, Jean-Pierre: Pour en finir avec père et mère, in: Le Débat 174, März/ April 2013, 84-89.

[2] Vgl. Edith Düsing: Nietzsches Nihilismus-Diagnose im Horizont von Solowjews Antichrist-Vision. Europa am Scheideweg zwischen Christus und Anti-Christus, in: Europa ohne Gott? Auf der Suche nach unserer kulturellen Identität, hg. von L. Simon / H.-J. Hahn, Stuttgart-Neuhausen 2007, 87-113; Englische Übers. 2013: Europe at the Crossroads – Will Europe Cut off Its Roots and Wings or Reconcile with Its Strengths?

[3] Werner Elert: Der Kampf um das Christentum, 1921, 489.

[4] Zur taktischen Ausbreitung einer Kultur des Todes s. Vladimir Palko: Die Löwen kommen. Warum Europa und Amerika auf eine neue Tyrannei zusteuern. Aus dem Slowakischen von Sylvia Neisser Kovacova, Kißlegg 2. Aufl. 2014; Krause Landt, Andreas / Bauer, Axel W./ Schneider, Reinhold: Wir sollen sterben wollen. Manuscriptum, 2015; zur Auflösung des Menschenbildes ohne Gott bis zur Anbetung des Makabren s. Hans Sedlmayr: Verlust der Mitte. Die bildende Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts als Symptom und Symbol der Zeit, Berlin 1958; Gabriele Kuby lichtvoll: Die globale sexuelle Revolution. Zerstörung der Freiheit im Namen der Freiheit, Regensburg 2012.

[5] Rudolf Otto: Das Heilige. Über das Irrationale in der Idee des Göttlichen und sein Verhältnis zum Rationalen, 35. A. München 1963, 95f. Mit der Religion des Moses beginnt für Otto die Ethisierung des Numinosen und seine Erfüllung zum ‚Heiligen’ im wahren Sinn, das nicht irrational, unheimlich, furchtbar, vielmehr zur Anbetungswürdigkeit geläutert ist. Dieser Vorgang vollende sich in Prophetie und Evangelium. Gott, „der Heilige Israels“ (Jesaja 6) wird klar begriffen als Allmacht, Güte, Weisheit, Treue. Schlüsselstelle im Neuen Testament zum substantiell Heiligen ist Lukas 1, 35: Der Engel verkündet Maria: Der heilige Geist (pneuma hágion) wird dich überschatten; deshalb wird das geboren Werdende heilig (hágion), Sohn Gottes (Hyiòs Theou) genannt werden.

[6] Vgl. Edith Düsing: Nietzsches Denkweg. Theologie – Darwinismus – Nihilismus, 2. Aufl. München 2007, 79-198.

[7] ‚Gottes Wort’ mit dem Spiegel zu vergleichen, den man fliehen will (Jak 1, 23ff), oder dem „zweischneidigen Schwert“, das Geist und Psyche trennt (Heb 4, 12f; vgl. Offb 1, 16), dürfte Nietzsche geläufig gewesen sein. – Die Art, wie „bisher die Ehrfurcht vor der Bibel in Europa aufrechterhalten wird“, so rühmt er, indem er das verlorene objektiv Heilige perspektivisch subjektiviert zu heiligen Erlebnissen und zum Verehrungswürdigsten, sei das „beste Stück Zucht und Verfeinerung der Sitte, das Europa dem Christenthume verdankt“ (JGB 263).

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Prof. Dr. Edith Düsing, Jahrgang 1951, ab 1969 Studium an der Universität Köln, Fächer: Philosophie, Mathematik und Pädagogik; 1977 Promotion mit der Dissertation: „Die Problematik des Ichbegriffs”; 1984 (11.01.1984) Habilitation an der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln mit der Schrift: „Intersubjektivität und Selbstbewußtsein. Behavioristische, phänomenologische und idealistische Begründungstheorien bei Mead, Schütz, Fichte und Hegel”. Veröffentlicht mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (im Verlag für Philosophie J. Dinter, Köln 1986); 1989 (Juni) Ernennung zur Außerplanmäßigen Professorin; 1984-2000 diverse Lehrstuhlvertretungen in Köln, Marburg, Mannheim und Duisburg; ab 1990 Ehrenamtliche Wahrnehmung einer Professur für Philosophie an der Gustav-Siewerth-Akademie.

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